Gemeinsame Pressemitteilung der Intitiator:innen des offenen Briefs an die Zivilgesellschaft im Altenburger Land sowie der Demonstrationen gegen die sogenannten „Spaziergänge“ und von Aktivist:innen des Aktionsbündnisses für Demokratie und Solidarität Altenburger Land
Zwischen Ende November 2021 und Ende Januar 2022 liefen regelmäßig mehr als 1000 Menschen unangemeldet drei Runden durch die Altenburger Innenstadt und versammelten sich anschließend auf dem Marktplatz. Darunter neben Verschwörungsideolog:innen auch neue und alte Rechte, die im Altenburger Land auch schon als sogenanntes „Bürgerforum“ seit Jahren immer wieder versuchen, Themen zu besetzen und mit Desinformation Hass zu verbreiten und Angst zu schüren. Eine Recherche hat vor kurzem deutlich gezeigt, dass die Vernetzung treibender Kräfte dieser sogenannten „Spaziergänge“ Verbindungen in die internationale rechtsextreme Szene haben.
Seit Anfang Februar rufen Aktivist:innen um Torge Dermitzel mit dem Motto „Altenburg solidarisch“ jeden Montag zum Gegenprotest vor dem Altenburg Rathaus auf. Das wird auch kommenden Montag, 07.03.2022, ab 17:30 Uhr der Fall sein.
Zu den bisherigen Demonstrationen erklärt der Anmelder der Versammlung, Torge Dermitzel:
„Auch wenn sich zuletzt nur rund 30 Menschen vor dem Rathaus versammelt haben: Es bleibt hier nicht Unwidersprochen, wenn Menschen aus Zustimmung oder Ignoranz gemeinsam mit Verschwörungsideolog:innen und Rechtsextremen und ohne Masken und Abstand Montagabend meinen, die Innenstadt für sich einnehmen zu können. Wir stehen nächsten Montag wieder da.
Tatsächlich liegt die Zahl der Teilnehmer:innen an „Altenburg solidarisch“ seit Beginn vor vier Wochen relativ konstant im mittleren zweistelligen Bereich. Spätestens als Drohungen gegen die Teilnehmer:innen der Demo ausgesprochen wurden, hätten wir mit einer breiteren Beteiligung und Solidarität von Menschen aus dem Altenburger Land gerechnet, dies blieb aber aus.“
Norbert Pengel, Mitorganisator der Demonstrationen und wie Torge Dermitzel Aktivist beim Aktionsbündnis für Demokratie und Solidarität Altenburger Land knüpft daran an und erklärt:
„Im Sommer 2020 war es dem Aktionsbündnis für Demokratie und Solidarität Altenburger Land gelungen, über 1000 Menschen zu bewegen, sich entschlossen gegen menschenverachtende, antidemokratische Hetze zu positionieren. Anders als beim breiten Protest gegen eine AfD-Veranstaltung mit Björn Höcke und Andreas Kalbitz am 16. Juli 2020 kommt die extreme Rechte diesmal nicht von außen. Es ist regionalen rechten und rechtsextremen Strukturen offenbar deutlicher als bisher gelungen, in Teile der Gesellschaft vorzudringen und diese für sich einzunehmen. Auch wenn eine Studie im Rahmen des Thüringen Monitor 2018[1] zeigt, dass mehr als ein Viertel der Befragten im Altenburger Land extrem rechten Aussagen zustimmt, gehen wir davon aus, dass dieser anhaltend große Zulauf zu den sogenannten „Spaziergängen“ nicht nur mit Sympathien für menschenfeindliche Ideologie zu tun hat, sondern vor allem auch mit fehlendem Bewusstsein und Wissen über die Strategien extremer Rechter und auch Ignoranz eine Rolle spielt. Auch Drohungen und Anfeindungen gegenüber Kritiker:innen der sogenannten „Spaziegänge“ führten bisher nicht zu einem Umdenken. Die Zahl der Teilnehmer:innen bleibt ziemlich konstant. Diese breite Mobilisierung von Menschen aus verschiedenen Teilen Gesellschaft hemmt offenbar viele, auch sonst couragierte Menschen, sich gegen die sogenannten „Spaziergänge“ zu positionieren, weil darunter eben auch Verwandte, Freunde, Bekannte, Arbeitskolleg:innen usw. sind. Ich appelliere an diese Menschen, auch persönlich und im privaten Umfeld Haltung zu zeigen und sich in der Auseinandersetzung mit Mitmenschen gegen Desinformation, Verschwörungsideologien und demokratiefeindliche Tendenzen zu positionieren, denn: Wer schweigt, stimmt zu.“
Entsprechend der Erklärung des Aktionsbündnisses im Aufruf von 2020 gilt weiterhin: Neonazistische Einstellungen und Ideologien der Ungleichwertigkeit haben im Altenburger Land keinen Platz. Deshalb will das Aktionsbündnis seiner Verantwortung gerecht werden und ab sofort gemeinsam mit der Gruppe „Altenburg solidarisch“ darauf aufmerksam machen, welche menschenverachtende Ideologie sich dort kreidefressend in die Zivilgesellschaft des Landkreises einschleicht. Es unterstützt ab sofort explizit die Versammlungen unter dem Motto „Altenburg solidarisch – ohne Verschwörungsglauben raus aus der Pandemie“ und die Inhalte des offenen Briefes an die Zivilgesellschaft im Altenburger Land.
In einem offenen Brief an die Unterstützer:innen der Gegenproteste von 2020 schreiben Norbert Pengel und Torge Dermitzel diesbezüglich:
„Es ist an der Zeit, der Verantwortung nachzukommen und das Aktionsbündnis für die breite Sensibilisierung der Einwohner:innen zu nutzen und sich solidarisch auf die Seite derer zu Stellen, die sich für demokratische Werte und ein solidarisches Miteinander einsetzen. Das Aktionsbündnis unterstützt ab sofort explizit die Versammlungen unter dem Motto „Altenburg solidarisch“ und die Inhalte des offenen Briefes an die Zivilgesellschaft im Altenburger Land und sucht weitere Unterstützer:innen. Daher möchten wir Sie herzlich einladen, das Aktionsbündnis gemeinsam mit uns wieder mit Leben und Verantwortung zu füllen.
Wenn Sie sich daran beteiligen wollen, kontaktieren Sie uns gern über die Website des Aktionsbündnisses, damit wir ins Gespräch kommen können oder kommen Sie einfach nächsten Montag vorbei und machen Sie sich ein Bild vom Ablauf der Kundgebung „Altenburg solidarisch“ auf der einen und des sogenannten „Spaziergangs“ auf der anderen Seite.“
[1] https://www.komrex.uni-jena.de/komrexmedia/literatur/projektbericht-topografie-dez2018.pdf
04. März 2022