Offener Brief an die Unterstützer:innen des Gegenprotests am 16. Juli 2020

Liebe Menschen,

am 16. Juli 2020 fand eine menschenverachtende, nationalistische und antidemokratische Demonstration auf dem Altenburger Markt statt. Vor Ort waren auch führende Vertreter des extrem rechten, völkisch-nationalistischen Parteiflügels der sog. AfD: Björn Höcke, Andreas Kalbitz, Siegbert Droese, Robby Schlund und Thomas Rudy.

An diesem Tag haben rund 1.200 Menschen mit einem bunten Gegenprotest ein überwältigendes Zeichen gegen diese Veranstaltung und damit gegen Neonazismus und Ideologien der Ungleichwertigkeit gesetzt.

Möglich wurde das nicht zuletzt, weil sich Menschen in Form des Aktionsbündnisses für Demokratie und Solidarität Altenburger Land zusammengeschlossen haben, um sich vielfältig, kreativ & entschlossen gegen menschenverachtende, völkisch-nationalistische & antidemokratische Hetze zu stellen.

Das Bündnis entstand auf Initiative von Menschen aus der engagierten Altenburger Zivilgesellschaft.

Die Menschen einte die Entschlossenheit, den erstarkenden menschenfeindlichen und demokratiefeindlichen Strukturen die demokratische Überzeugung, mit Mut und Verstand, gemeinsam und vielfältig entgegenzusetzen, was im Aufruf zum Gegenprotest mündete, den wiederum viele Menschen persönlich, aber auch Parteien, Vereine usw. unterzeichneten.

Nach 1,5 Jahren sehen Menschen, die an der Initiierung des Bündnisses beteiligt waren und bereits einige der Unterzeichnenden des Aufrufs zum o.g. Gegenprotest am 16. Juli 2020 einen erneuten Anlass, gemeinsam für Demokratie und Solidarität einzustehen

Wie Sie wissen, finden seit mehreren Wochen bundesweit als sogenannte „Spaziergänge“ getarnte unangemeldete Versammlungen angeblich gegen die „Corona-Maßnahmen“ statt.

Auch das Altenburger Land ist Schauplatz dieser Versammlungen, insbesondere die Stadt Altenburg, wo wochenlang über 1.000 Menschen gemeinsam mit Verschwörungsideolog:innen und Rechtsextremen unter Vernachlässigung von Infektionsschutzmaßnahmen durch die Stadt laufen konnten.

Tatsächlich geht es dieser Bewegung nicht um die Benennung von Problemen geschweige denn um Lösungen, sondern um die Relativierung der Gefahr des Coronavirus, die Leugnung der Pandemie und die Infragestellung demokratischer Prozesse und Werte. Die Gefahr von Desinformation für eine demokratische Gesellschaft ist nicht neu. Migration, Corona-Pandemie, Klimawandel – unterschiedliche Themen, die Rechtsextreme aus nur einem Grund besetzen und nutzen: die Zerstörung der freiheitlichen und demokratischen Gesellschaft.

Aktuell sieht man, wie extreme Rechte und Antidemokrat:innen die russische Militäroperation durch Desinformation für ihre Zwecke und für Mobilisierung zu nutzen weiß.

Im Hintergrund und vor Ort agieren Verschwörungsideolg:innen und Rechtsextreme. Das zeigt auch eine aktuelle Recherche. Mit dieser Bewegung wird Desinformation betrieben und Angst geschürt, um Hass zu verbreiten und Hetze und Gewalt zu legitimieren. Das ist demokratiefeindlich. Keinesfalls können die Aufmärsche unter diesen Umständen als friedlich bezeichnet werden.

Auch wenn es Menschen unter den sogenannten „Spaziergänger:innen“ gibt, die montags mit der Absicht auf die Straße gehen, konkrete und inhaltlich nachvollziehbare Kritik an Infektionsschutzmaßnahmen zu üben: Wer bei den sogenannten „Spaziergängen“ mitläuft, nimmt an unangemeldeten Versammlungen teil, auf denen bewusst gegen Infektionsschutzmaßnahmen wie Masken und Abstand verstoßen wird und macht sich mit den o.g. Positionen des rechten Rands gemein. Wer mit Rechtsextremen demonstriert hat für uns den demokratischen Diskurs verlassen. Wir hoffen weiterhin darauf, dass ein Großteil der Menschen die damit einhergehende Gefahr erkennt und fordern die Zugänglichen unter den „Spaziergänger:innen“ auf, die Pandemie ernst zu nehmen, sich an das Versammlungsrecht zu halten und Verschwörungsideolog:innen nicht länger Glauben zu schenken.

Seit 07. Februar 2022 positionieren sich Aktivist:innen der Gruppe „Altenburg solidarisch“ unter dem Motto „Altenburg solidarisch – ohne Verschwörungsglauben raus aus der Pandemie“ vor dem Altenburger Rathaus gegen die Wissenschafts- und Demokratiefeindlichkeit der sogenannten „Spaziergänge“.

Kurz zuvor wurde, die sogenannten „Spaziergänge“ betreffend, ein offener Brief an die Zivilgesellschaft im Altenburger Land verfasst, der bei Change.org nachgelesen und unterzeichnet werden kann: https://www.change.org/p/b%C3%BCrgerinnen-und-b%C3%BCrger-offener-brief-an-die-zivilgesellschaft-im-altenburger-land. Darin geht es um die Gefahr, die von den sogenannten „Spaziergängen“ ausgeht und um Sensibilisierung für den kritischen Umgang damit und schließlich um die Verantwortung eines jeden Menschen, die er:sie für die Verteidigung einer demokratischen und solidarischen Gesellschaft hat.

Im Unterschied zum 16. Juli 2020 kommen extreme Rechte nicht von außen. Es ist bekannten regionalen rechten und rechtsextremen Strukturen gelungen, noch weiter in die sogenannte Mitte vorzudringen und diese zu einem nicht zu vernachlässigenden Teil für sich einzunehmen. Die dabei entstehenden Netzwerke erachten wir als nachhaltig gefährlich für eine demokratische Gesellschaft.

Die Erklärung im Aufruf von 2020 gilt weiterhin:

    1. Neonazistische Einstellungen und Ideologien der Ungleichwertigkeit haben im Altenburger Land keinen Platz.
    2. Wir sind entschlossen, Demonstrationen von extrem Rechten im Altenburger Land gewaltfrei und im Rahmen der freiheitlich-demokratischen Grundordnung zu verhindern.
    3. Wir werden der extremen Rechten mit Aktionen zeigen, dass wir sie weder im Altenburger Land noch anderswo dulden.
    4. Wir wollen das in gemeinsamen und gewaltfreien Aktionen erreichen.
    5. Wir sind solidarisch mit allen, die diese Ziele mit uns teilen.

Aus diesem Grund positionieren sich bereits einige Menschen, die schon 2020 im Aktionsbündnis aktiv waren, seit einigen Wochen gegen die sogenannten „Spaziergänge“ und für ein solidarisches Altenburg. Sie beteiligten sich am Verfassen des offenen Briefes an die Zivilgesellschaft im Altenburger Land und organisierten die Demonstrationen. Zunehmend sind diese Menschen Drohungen und Anfeindungen ausgesetzt.

Es ist an der Zeit, der Verantwortung nachzukommen und das Aktionsbündnis für die breite Sensibilisierung der Einwohner:innen zu nutzen und sich solidarisch auf die Seite derer zu Stellen, die sich für demokratische Werte und ein solidarisches Miteinander einsetzen.

Wir unterstützen ab sofort explizit die Versammlungen unter dem Motto „Altenburg solidarisch – ohne Verschwörungsglauben raus aus der Pandemie“ und die Inhalte des offenen Briefes an die Zivilgesellschaft im Altenburger Land und suchen weitere Unterstützer:innen.

Daher möchten wir Sie herzlich einladen, das Aktionsbündnis gemeinsam mit uns wieder mit Leben und Verantwortung zu füllen.

Wenn Sie sich daran beteiligen wollen, geben Sie uns gern hier eine Rückmeldung, damit wir ins Gespräch kommen können oder kommen Sie einfach nächsten Montag vorbei und machen Sie sich ein Bild vom Ablauf der Kundgebung auf der einen und des sogenannten „Spaziergangs“ auf der anderen Seite:

Montag, 07.03.2022, ab 17:30 Uhr vor dem Altenburger Rathaus

Leiten Sie diesen offenen Brief gern auch an andere vertrauenswürdige Menschen weiter. Der Text kann auch mit folgendem Link gelesen oder geteilt werden: https://altenburg.noblogs.org/post/2022/03/04/offener-brief-an-die-unterstuetzerinnen-des-gegenprotests-am-16-juli-2020

Solidarisch Grüße
Norbert Pengel und Torge Dermitzel

04. März 2022